Aktuelle Mandanteninformation 09/2019
16.08.2019
Aktuelle Mandanteninformation 09/2019Inhalt
Gesetzgebung: Seit dem 01.07.2019 mehr Rente und KindergeldZum 01.07.2019 sind zahlreiche gesetzliche Neuregelungen in Kraft getreten. Die wichtigsten Regelungen stellen wir Ihnen kurz vor: 1. Die Renten sind gestiegen Die Renten haben sich um 3,18 % in den alten Bundesländern und um 3,91 % in den neuen erhöht. Das klingt zunächst erfreulich, aber viele Rentnerinnen und Rentner geraten damit erstmals in das Visier des Finanzamts. Denn durch die Rentenerhöhung müssen ab 2019 erstmals mehrere Zehntausend Rentner Steuern zahlen. 2. Kindergeld und Kinderzuschlag wurden erhöht Das Kindergeld ist um 10 EUR monatlich gestiegen. Somit wird seit 01.07.2019 monatlich folgendes Kindergeld gezahlt:
Die nächste Erhöhung des Kindergeldes ist dann erst wieder für den 01.01.2021 vorgesehen. Hinweis: Nicht nur das Kindergeld, sondern auch der Kinderfreibetrag ist gestiegen (letzterer bereits zum 01.01.2019). Neben Kindergeld und Kinderfreibetrag wurde zudem für Familien mit einem kleinen Einkommen der Kinderzuschlag auf 185 EUR monatlich angehoben. 3. Geringverdiener werden entlastet Bezieher von einem geringen monatlichen Arbeitsentgelt werden bei den Sozialbeiträgen entlastet. Hierzu wird der sogenannte Übergangsbereich (bisher: Gleitzone) ausgeweitet. Das ist der Bereich, ab dem Sozialbeiträge zu zahlen sind. So zahlen sogenannte Midijobber bei einem Arbeitsentgelt von 450,01 EUR bis 1.300 EUR (vorher: 850 EUR) geringere Beiträge zur Sozialversicherung. Außerdem wird sichergestellt, dass die geringeren Rentenbeiträge, die dann gezahlt werden, nicht zu niedrigeren Rentenansprüchen führen.
Mietwohnungsneubau: Sonderabschreibungen beschlossenDer Bundesrat hat am 28.06.2019 den Sonderabschreibungen für den Mietwohnungsneubau zugestimmt. Der Bundestag hatte das Gesetz bereits am 29.11.2018 verabschiedet. Was wird gefördert? Gefördert wird die Anschaffung oder Herstellung neuer Wohnungen, die in einem Mitgliedstaat der EU liegen. Im Fall der Anschaffung ist eine Wohnung neu, wenn sie bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung angeschafft wird. Wie wird gefördert? Das Gesetz sieht vor, dass im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und in den darauffolgenden drei Jahren Sonderabschreibungen bis zu jährlich 5 % neben der regulären Abschreibung in Anspruch genommen werden können. Bemessungsgrundlage für die Sonderabschreibungen sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der begünstigten Wohnung, jedoch maximal 2.000 EUR je Quadratmeter Wohnfläche. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt werden? Die Sonderabschreibungen können in Anspruch genommen werden, wenn:
Kann die Sonderabschreibung rückgängig gemacht werden? Die Sonderabschreibungen sind rückgängig zu machen, wenn:
In welchem Zeitraum kann die Sonderabschreibung in Anspruch genommen werden? Die Sonderabschreibungen können letztmalig für den Veranlagungszeitraum 2026 geltend gemacht werden, bei Land- und Forstwirten letztmalig für Wirtschaftsjahre, die vor dem 01.01.2027 enden. Das gilt selbst dann, wenn der besondere Abschreibungszeitraum noch nicht abgelaufen ist.
Grundsteuer: Bundesregierung bringt Änderung auf den WegWieder einmal muss ein Steuergesetz wegen eines Verstoßes gegen das Grundgesetz geändert werden, dieses Mal betrifft es die Grundsteuer. Am 21.06.2019 hat das Bundeskabinett drei Gesetzentwürfe zur Reform der Grundsteuer beschlossen. Nach der ersten Lesung im Bundestag wurde das Gesetzespaket am 27.06.2019 an den federführenden Finanzausschuss zur weiteren Beratung übergeben. In den Gesetzentwürfen verspricht die Bundesregierung zwar, dass die Kommunen aufgrund der Neuregelungen keinen Gewinn bei der Grundsteuer machen sollen - die Gesamtsumme der Grundsteuer soll gleich bleiben. Allerdings kann die Bundesregierung derzeit die Höhe der jeweiligen Grundsteuer noch nicht konkret mitteilen, weil für die Berechnung noch wichtige Ausgangsgrößen fehlen. Wie soll die Grundsteuer künftig berechnet werden?
Für die Ermittlung der Grundsteuer soll es eine Grundsteuererklärung geben. Abgefragt werden sollen:
Was ist die neue Grundsteuer C? Die Gemeinden sollen nach dem Willen der Bundesregierung künftig für baureife, aber unbebaute Grundstücke einen höheren Hebesatz bei der Grundsteuer ansetzen dürfen, wenn keine Bebauung erfolgt. Damit sollen Anreize für die Schaffung von Wohnraum geboten werden. Was gilt bei Geschäftsgrundstücken und bei Land- und Forstwirten? Bei Geschäftsgrundstücken soll weiterhin das sogenannte vereinfachte Sachwertverfahren angewandt werden. Dieses stellt auf die gewöhnlichen Herstellungskosten und den Bodenrichtwert ab. Bei der Bewertung eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft (Grundsteuer A) soll es beim Ertragswertverfahren bleiben, das jedoch vereinfacht und typisiert wird. Was versteht man unter der Öffnungsklausel? Der Gesetzentwurf sieht vor, dass die Bundesländer künftig die Möglichkeit haben, ein eigenes Grundsteuermodell einzuführen. Einzelne Bundesländer haben bereits angekündigt, dass sie von dieser Möglichkeit Gebrauch machen wollen. Ab wann soll die Neuregelung gelten? Die neuberechnete Grundsteuer soll ab dem 01.01.2025 zu zahlen sein.
Thesaurierungsbegünstigung: Unentgeltliche Anteilsübertragung auf Stiftung löst keine Nachsteuer ausPersonenunternehmen können die sogenannte Thesaurierungsbegünstigung wählen, so dass nichtentnommene Gewinne nach einem besonderen Einkommensteuertarif versteuert werden. Diese Gewinne werden zunächst mit einem Steuersatz von 28,25 % (zuzüglich Solidaritätszuschlag) besteuert. Bei einer späteren Entnahme erfolgt dann eine Besteuerung mit weiteren 25 % (zuzüglich Solidaritätszuschlag). Hinweis: Durch diese Besteuerung "in zwei Schritten" ergibt sich zwar insgesamt eine höhere Belastung als bei einer sofortigen Versteuerung mit dem regulären Spitzensteuersatz von 45 %, allerdings lässt sich so auch ein unverzinslicher Steueraufschub (Zinsvorteil) erlangen. Eine Nachversteuerung des zunächst begünstigt besteuerten Gewinns muss nach dem Einkommensteuergesetz (EStG) unter anderem erfolgen, wenn ein Betrieb oder Mitunternehmeranteil in eine Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft eingebracht wird. Nach einem aktuellen Urteil des Bundesfinanzhofs ist hingegen keine Nachversteuerung vorzunehmen, wenn ein Mitunternehmeranteil unentgeltlich auf eine Stiftung übertragen wird. Das Gericht verwies darauf, dass nach dem eindeutigen Wortlaut des EStG nur die Einbringung in Kapitalgesellschaften und Genossenschaften erfasst wird und Stiftungen oder andere Rechtsgebilde nicht im Wege einer erweiternden Gesetzesauslegung einbezogen werden müssen.
Doppelte Haushaltsführung: 1.000-EUR-Kappung gilt nicht für Möbel und HausratWer aus beruflichen Gründen einen doppelten Haushalt im Inland unterhält, kann die Kosten für die Nutzung seiner Zweitwohnung nur begrenzt mit maximal 1.000 EUR pro Monat steuerlich geltend machen. Der Bundesfinanzhof hat die Abzugsmöglichkeiten nun aber noch einmal deutlich verbessert und entschieden, dass Kosten für Einrichtungsgegenstände und Hausrat nicht unter die 1.000-EUR-Kappung fallen, sondern als sonstige Mehraufwendungen der doppelten Haushaltsführung ungekürzt abziehbar sind. Nach Auffassung des Gerichts dürfen in die 1.000-EUR-Grenze nur solche Kosten eingerechnet werden, die zur Nutzung der Wohnung verausgabt werden. Hierzu zählt das Gericht lediglich die Bruttokaltmiete (bei eigener Wohnung: Gebäudeabschreibung und Zinsen für Immobiliendarlehen) und die Betriebskosten samt Strom. Die Kosten für Einrichtungsgegenstände und Hausrat sind laut seinem Urteil separat zu erfassen, weil sie nicht für die Nutzung der Unterkunft, sondern nur für die Nutzung dieser Gegenstände anfallen. Hinweis: Kosten für Möbel und Hausrat können also ungeachtet der 1.000-EUR-Grenze unbeschränkt abgezogen werden. Allerdings ist weiterhin zu beachten, dass die Ausgaben hierfür den Rahmen des Notwendigen nicht überschreiten dürfen. Luxusaufwendungen, beispielsweise Kosten für einen Whirlpool in der Zweitwohnung, werden die Finanzämter auch weiterhin nicht anerkennen. Wer Ausgaben für Einrichtungsgegenstände und Hausrat nun in seiner Einkommensteuererklärung abrechnen möchte, sollte beachten, dass Wirtschaftsgüter mit Anschaffungskosten bis 800 EUR (zuzüglich Umsatzsteuer) als sogenannte geringwertige Wirtschaftsgüter komplett im Jahr der Zahlung abgeschrieben werden können. Teurere Wirtschaftsgüter müssen hingegen über ihre voraussichtliche Nutzungsdauer abgeschrieben werden, so dass sich der steuermindernde Effekt erst über die Jahre verteilt einstellt.
Transferkurzarbeitergeld: Aufstockungsbeträge sind regulär zu versteuernEntschädigungen können vom Empfänger mit einem ermäßigten Einkommensteuersatz versteuert werden, wenn sie als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen gewährt werden. Die Zahlung muss also an die Stelle etwaiger wegfallender Einnahmen (z.B. infolge eines Arbeitsplatzverlusts) treten. Dieser "Ersatzcharakter" ist nach einem aktuellen Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) nicht gegeben, wenn Zahlungen schon durch ein neues, sich anschließendes Arbeitsverhältnis in einer Transfergesellschaft veranlasst sind. Im Urteilsfall hatte ein Arbeitnehmer nach mehr als 24-jähriger Betriebszugehörigkeit einen Aufhebungsvertrag mit seinem Arbeitgeber und einer Transfergesellschaft geschlossen, der die Zahlung einer Abfindung von 157.747 EUR und die Begründung eines neuen, befristeten Arbeitsverhältnisses mit der Transfergesellschaft (für 2015 bis 2017) vorsah. Die Gesellschaft zahlte dem Arbeitnehmer im Rahmen dieser Anstellung Aufstockungsbeträge zum Transferkurzarbeitergeld. Der Arbeitnehmer hatte gegenüber der Transfergesellschaft jedoch keinen Anspruch auf Beschäftigung und war dort tatsächlich auch nicht tätig. Das Finanzamt besteuerte die Aufstockungsbeträge als regulären Arbeitslohn, wogegen der Arbeitnehmer zunächst mit Erfolg klagte: Das Finanzgericht Münster stufte die Zahlung in erster Instanz als steuerbegünstigte Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes ein und sah einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen den Aufstockungsbeträgen und der Aufhebung des alten Arbeitsverhältnisses. Es begründete seinen Standpunkt damit, dass die Zuschüsse schließlich nicht für die laufende Arbeitsleistung gewährt worden sein könnten, da der Arbeitnehmer für die Transfergesellschaft tatsächlich gar nicht tätig gewesen sei. Der BFH erteilte dieser Sichtweise im Revisionsverfahren eine klare Absage und urteilte, dass die Zuschüsse einen unmittelbaren Veranlassungszusammenhang mit dem neuen Arbeitsverhältnis aufwiesen und daher nicht als Ersatz für wegfallende Einnahmen ermäßigt besteuert werden konnten. Die Besteuerung als laufender Arbeitslohn war also zu Recht erfolgt. Hinweis: Die Bundesrichter verwiesen darauf, dass ein Arbeitsverhältnis grundsätzlich auch dann bestehen kann, wenn der Arbeitgeber gänzlich auf die Arbeitsleistung eines Mitarbeiters verzichtet.
Organschaft: Abführung des ganzen Gewinns bei atypisch stiller GesellschaftBei der ertragsteuerlichen Organschaft ist es erforderlich, dass die Organgesellschaft (Tochtergesellschaft) mit dem Organträger (Muttergesellschaft) einen Ergebnisabführungsvertrag schließt. Das Steuerrecht verlangt, dass sich die Organgesellschaft in diesem Vertrag verpflichtet, ihren ganzen Gewinn an den Organträger abzuführen. Problematisch sind daher immer Fälle, in denen sich jemand an der Organgesellschaft beteiligt (z.B. Minderheitsgesellschafter) und daher einen Teil des Gewinns erhält. In einem kürzlich vor dem Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern (FG) entschiedenen Fall war eine AG alleinige Gesellschafterin einer GmbH. Die AG beteiligte sich neben ihrer Gesellschafterstellung atypisch still an der GmbH und erhielt laut Vertrag über diese Konstellation 10 % des Gewinns der GmbH. Das zuständige Finanzamt vertrat die Meinung, dass die GmbH nicht ihren "ganzen" Gewinn an die AG abgeführt habe, wohingegen die Klägerin der Auffassung war, dass letztendlich der gesamte Gewinn bei der Organträgerin angekommen sei. Die Richter des FG hingegen pflichteten dem Finanzamt bei. Allerdings war diese Frage derart strittig, dass sie die Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) zuließen. Davon machte die Klägerin Gebrauch. Hinweis: Es bleibt abzuwarten, ob der BFH dieselbe Auffassung vertreten wird. In entsprechenden Fällen sollten Sie gemeinsam mit Ihrem steuerlichen Berater Einspruch einlegen.
Kreditgewährung als eigenständige Leistung: Anpassung des Umsatzsteuer-AnwendungserlassesDas Bundesfinanzministerium hat am 08.11.2017 ein Schreiben zur umsatzsteuerlichen Behandlung einer Kreditgewährung veröffentlicht. Die Regelungen des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses sind in diesem Zusammenhang angepasst worden. Bereits der Europäische Gerichtshof (EuGH) und nachfolgend der Bundesfinanzhof haben im Jahr 2013 entschieden, dass ein Unternehmer, der eine Bauleistung für ein Studentenwerk erbringt, die mit einer 20-jährigen Finanzierung des Bauvorhabens durch ihn verbunden ist, neben einer umsatzsteuerpflichtigen Werklieferung eine eigenständige umsatzsteuerfreie Kreditgewährung leistet. Nach Auffassung des EuGH ist eine Werklieferung bei gleichzeitiger Finanzierung kein einheitlicher Umsatz, da sie nicht als derart eng miteinander verbunden anzusehen seien. Die Finanzierung erfülle im Wesentlichen einen eigenen Zweck. Hinweis: Die Finanzverwaltung setzt diese Rechtsprechung nun für alle offenen Fälle um und hat den Umsatzsteuer-Anwendungserlass entsprechend geändert. Im Einzelfall ist immer zu prüfen, ob die Leistungen jeweils umsatzsteuerlich getrennt oder als eine einheitliche Leistung zu beurteilen sind. Eine gesonderte Rechnungsstellung sowie die eigenständige Bildung eines Leistungspreises sprechen für das Vorliegen eigenständiger Leistungen.
G-20-Treffen: Staaten wollen globale Mindestbesteuerung von UnternehmenIm Rahmen ihres G-20-Treffens im Juni 2019 haben die Finanzminister der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer vereinbart, im nächsten Jahr Regelungen zu einer globalen Mindestbesteuerung von Unternehmen zu beschließen. Sie folgen damit einer französisch-deutschen Initiative. Die Regelungen sollen verhindern, dass grenzüberschreitend tätige Konzerne durch komplexe internationale Firmengeflechte ihren Steuerzahlungen entgehen. Bundesfinanzminister Olaf Scholz hatte im vergangenen Jahr gemeinsam mit seinem französischen Amtskollegen Bruno Le Maire einen Vorschlag zur globalen Mindestbesteuerung vorgelegt. Demnach sollen sich alle Staaten auf einen weltweit geltenden Mindestsatz der Besteuerung einigen. Staaten können diesen Steuersatz zwar unterschreiten, allerdings können andere Staaten dann hierauf reagieren, indem sie Gewinne eines Unternehmens, die in ihrem Land erwirtschaftet, aber ins Ausland transferiert werden, mit der Differenz zum vereinbarten Mindeststeuersatz besteuern. Beispiel: Ein deutscher Konzern hat eine Tochtergesellschaft in einem Karibikstaat, in dem Gewinne sechs Prozentpunkte unter dem Mindeststeuersatz besteuert werden. Der deutsche Fiskus kann den dorthin verschobenen Gewinn aufgrund der Mindestbesteuerung mit den fehlenden sechs Prozentpunkten nachversteuern. Die G-20-Gruppe hat die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) nun beauftragt, für 2020 einen konkreten Lösungsvorschlag auszuarbeiten.
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