Aktuelle Mandanteninformation 02/2020
17.01.2020
Aktuelle Mandanteninformation 02/2020Inhalt
Bürokratieentlastungsgesetz: Bundesrat stimmt Maßnahmenpaket zuDer Bundesrat hat am 08.11.2019 dem Bürokratieentlastungsgesetz III zugestimmt. Mit diesem Gesetz sollen die Wirtschaft, die Bürger und die Verwaltung um ca. 1,1 Mrd. EUR Bürokratiekosten entlastet werden. Aus steuerlicher Sicht sind unter anderem folgende Entlastungsmaßnahmen vorgesehen:
Abgeltungsteuersystem: Wie der Forderungsverzicht eines Gesellschafters zu berücksichtigen istDer Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass der Verzicht eines Gesellschafters auf eine Darlehensforderung gegen seine Gesellschaft im System der Abgeltungsteuer zu einem steuerlich zu berücksichtigenden Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen führen kann. Im Urteilsfall war der Kläger zu mehr als 10 % an einer GmbH beteiligt. Er hatte Forderungen gegen die GmbH im Nennwert von 801.768 EUR für einen Kaufpreis von 364.154 EUR erworben und gegenüber der GmbH auf einen Teilbetrag seiner Darlehensforderung von 275.000 EUR verzichtet. Im Hinblick auf einen teilentgeltlichen Erwerb (zu 43,5 %) ging er davon aus, dass er einen Veräußerungsverlust von 119.625 EUR erlitten hatte (43,5 % von 275.000 EUR). Dem folgten Finanzamt und Finanzgericht (FG) nicht. Der BFH entschied jedoch, dass der Verzicht des Gesellschafters auf den nichtwerthaltigen Teil seiner Forderung gegen die Kapitalgesellschaft einer Abtretung gleichsteht und nach Einführung der Abgeltungsteuer zu einem steuerlich zu berücksichtigenden Forderungsausfall führt. Es lag somit auch keine Einlage vor. Ein durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasster, unbedingter Verzicht eines Gesellschafters auf einen Teil der ihm gegen die Kapitalgesellschaft zustehenden Darlehensforderung führe nur insoweit zu einer Einlage, als der Gesellschafter auf den werthaltigen Teil der Forderung verzichte. Die Einlage setze dabei voraus, dass der Verzichtsbetrag den Nennwert des nichtwerthaltigen Teils der Forderung übersteige. Stünden dem (durch die Einlage bewirkten) Zufluss Anschaffungskosten in gleicher Höhe gegenüber, falle somit kein Gewinn an. Gleichwohl erwies sich die Klageabweisung durch das FG als zutreffend. Denn steuerliche Auswirkungen hätte der Forderungsverzicht nur gehabt, wenn der Kläger für den nichtwerthaltigen Teil der Forderung Anschaffungskosten getragen hätte. Hieran fehlte es im Streitfall, denn der Kläger hatte die Forderung im Nennwert von 801.768 EUR zum Kaufpreis von 364.154 EUR erworben. Der Kaufpreis wurde bei wirtschaftlicher Betrachtung für den werthaltigen Teil der Forderung aufgewandt. Der Verzicht in Höhe von 275.000 EUR bezog sich also auf den nichtwerthaltigen Teil der Forderung, für den dem Kläger keine Anschaffungskosten entstanden waren. Seine Leistungsfähigkeit wurde durch den Verzicht auf den nichtwerthaltigen Teil der Forderung folglich nicht gemindert. Hinweis: Mit diesem Urteil setzt der BFH seine Rechtsprechung fort, nach der seit Einführung der Abgeltungsteuer grundsätzlich sämtliche Wertveränderungen im Zusammenhang mit Kapitalanlagen steuerlich zu erfassen sind.
Nachträgliche Anschaffungskosten: Nachweis von Gesellschafterforderungen im FokusGesellschafter, die ihrer GmbH bis zum 27.09.2017 eine ehemals eigenkapitalersetzende Finanzierungshilfe geleistet haben, können den Ausfall ihrer Rückzahlungs- oder Regressansprüche im Fall der Veräußerung oder Auflösung der Gesellschaft als nachträgliche Anschaffungskosten geltend machen. 2017 hat der Bundesfinanzhof (BFH) seine Rechtsprechung zu nachträglichen Anschaffungskosten bei der Veräußerung von Kapitalgesellschaftsanteilen geändert. Obwohl der Grund für den Rechtsprechungswandel schon seit 2008 bestand (Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen - MoMiG), hat der BFH damals angekündigt, die bisherigen Rechtsgrundsätze in allen Fällen weiter anzuwenden, in denen der Sachverhalt am 27.09.2017 bereits verwirklicht war. Im Urteilsfall trat das Finanzgericht (FG) dieser Rechtsprechung entgegen. Der BFH hat die Sichtweise des FG jedoch zurückgewiesen und erklärt, dass der Gesetzgeber die Folgen der Aufhebung des Eigenkapitalersatzrechts für das Steuerrecht weder bedacht noch geregelt habe, so dass sich aus dem MoMiG auch keine verbindlichen gesetzlichen Vorgaben für die Anwendung der Regeln zur Veräußerung von Kapitalgesellschaftsanteilen ergäben. In einem Darlehensrahmenvertrag zwischen dem Alleingesellschafter und -geschäftsführer und der GmbH war seit 1999 vereinbart, dass Auslagen und sonstige Einlagen des Klägers bei der GmbH auf einem Darlehenskonto erfasst werden sollten. Das Darlehen sollte in der Krise der Gesellschaft stehen bleiben. Seit 2009 hatte der Kläger die GmbH liquidiert. Die letzte Bilanz hatte nur noch das gezeichnete Kapital und die verbliebene Verbindlichkeit gegenüber dem Kläger ausgewiesen. Das Finanzamt bestritt den Bestand der Forderung und äußerte Mängel der Buchführung. Das FG wies die Klage zunächst ab und erklärte, dass der Kläger den Endbestand des Darlehens über den gesamten Zeitraum seiner Entstehung lückenlos nachweisen müsse - und ihm dies nicht gelungen sei. Nach dem Urteil des BFH durfte das FG jedoch nicht nach der Feststellungslast entscheiden, denn der Bestand der (ausgefallenen) Gesellschafterforderung ergab sich indiziell bereits aus dem festgestellten Jahresabschluss der GmbH. Mit der förmlichen Feststellung des Jahresabschlusses hatten die Gesellschafter zugleich die darin abgebildeten Rechtsverhältnisse bestätigt. Steuerrechtlich ergab sich daraus zumindest ein Indiz für das Bestehen der Gesellschafterforderung. Dieses Indiz reichte dem BFH, um der Klage stattzugeben. Hinweis: Welche Anforderungen an die Darlegung und den Nachweis einer Gesellschafterforderung gestellt werden müssen, wenn der Jahresabschluss der GmbH nicht förmlich festgestellt ist (z.B. weil sich die Gesellschafter nicht einigen können), war im vorliegenden Fall nicht zu entscheiden.
Elektronische Kassen: BMF verlängert Frist zur Aufrüstung der SystemeAb dem 01.01.2020 müssen nach den gesetzlichen Vorgaben eigentlich alle elektronischen Aufzeichnungssysteme mit Kassenfunktion (z.B. Registrierkassen) durch eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung geschützt werden. Das Problem besteht in der Praxis bislang jedoch darin, dass es noch keine bzw. nur Prototypen der technischen Sicherheitseinrichtung gibt, deren Zertifizierungsverfahren zudem noch andauert. Das Bundesfinanzministerium hat kürzlich auf diese Problematik reagiert und mit Schreiben vom 06.11.2019 eine Nichtbeanstandungsregelung veröffentlicht, nach der die Finanzverwaltung es akzeptiert, wenn die elektronischen Aufzeichnungssysteme der Betriebe bis zum 30.09.2020 noch nicht über eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung verfügen. Dennoch sollten Kasseninhaber die Aufrüstung nicht auf die lange Bank schieben! Hinweis: Die künftig notwendige Aufrüstung soll Kassensysteme vor Manipulationen schützen und eine verlässliche Grundlage für eine einheitliche Besteuerung schaffen. Die zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung muss aus einem Sicherheitsmodul, einem Speichermedium und einer digitalen Schnittstelle bestehen. Dabei soll das Sicherheitsmodul gewährleisten, dass die Kasseneingaben mit Beginn des Aufzeichnungsvorgangs protokolliert und später nicht mehr verändert werden können. Die Neuerung betrifft alle Betriebe, die ihre Bargeldeinnahmen mit einer elektronischen Registrierkasse aufzeichnen, beispielsweise Gastronomiebetriebe, Friseure und Bäckereien.
Wegzugsbesteuerung: BMF gewährt Stundung bei Verlegung des Wohnsitzes in die SchweizDas dem durchschnittlichen Steuerzahler weitgehend unbekannte Außensteuergesetz birgt drastische Steuerrisiken für nahezu sämtliche grenzüberschreitenden bzw. internationalen Geschäftsvorfälle. Eine der wichtigsten und streitanfälligsten Normen ist die sogenannte Wegzugsbesteuerung. Danach wird der Wertzuwachs von Anteilen an Kapitalgesellschaften besteuert, wenn eine natürliche Person als Anteilseigner zehn Jahre lang in Deutschland gewohnt hat und anschließend den Wohnsitz ins Ausland verlegt. Wird der Wohnsitz innerhalb der Europäischen Union (EU) verlegt, gibt es seitens des deutschen Staates großzügige Stundungsregelungen für die anfallende Steuer. Bei einer Verlegung des Wohnsitzes außerhalb der EU gelten diese wohlwollenden Vorschriften allerdings nicht. Dass diese Ungleichbehandlung jedenfalls für den Wegzug in die Schweiz gegen die Niederlassungsfreiheit verstößt, die grundsätzlich auch für die Schweiz gilt, hat der Europäische Gerichtshof kürzlich erst entschieden. Im Vorgriff auf eine gesetzliche Änderung hat das Bundesfinanzministerium deshalb mit einem aktuellen Schreiben verfügt, dass im Fall eines Wegzugs in die Schweiz auf Antrag eine zinslose Stundung der Steuer über fünf Jahre gewährt werden kann. Hinweis: Der Antrag muss nicht begründet werden und wird in der Regel ohne Sicherheitsleistung gewährt, es sei denn, der Steueranspruch scheint gefährdet.
Beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer: Ab dem 01.01.2020 müssen ELStAM abgerufen werdenBereits seit 2013 sind die elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM) von zentraler Bedeutung für das Lohnsteuerabzugsverfahren. Die von der Finanzverwaltung bereitgestellten ELStAM beinhalten unter anderem die Lohnsteuerklasse, die Zahl der Kinderfreibeträge und die Lohnsteuerfreibeträge. Für Arbeitnehmer ohne Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, die inländische Einkünfte (§ 49 EStG) erzielen, musste der Lohnsteuerabzug aber bislang noch auf der Grundlage von Papierbescheinigungen der Finanzämter vorgenommen werden. Das Bundesfinanzministerium hat nun erklärt, dass Arbeitgeber ab dem 01.01.2020 auch diese beschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmer in das ELStAM-Verfahren einbeziehen müssen. Beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer bleiben aber weiterhin vom ELStAM-Verfahren ausgeschlossen, wenn sie über einen lohnsteuerlichen Freibetrag verfügen (z.B. einen Freibetrag für Werbungskosten oder außergewöhnliche Belastungen). Das ELStAM-Verfahren gilt zudem nicht für Arbeitnehmer, wenn ihr Arbeitslohn nach den Regelungen in einem Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) auf Antrag von der Besteuerung freigestellt wird oder wenn der Steuerabzug nach den Regelungen in einem DBA auf Antrag gemindert oder begrenzt wird. In den genannten Fällen wird das Betriebsstättenfinanzamt des Arbeitgebers wie bisher auf Antrag eine Papierbescheinigung für den Lohnsteuerabzug ausstellen. Das alte Papierverfahren gilt darüber hinaus weiterhin für Arbeitnehmer, die erweitert unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind (insbesondere aktive Staatsbedienstete mit diplomatischem/konsularischem Status) oder auf Antrag wie unbeschränkt einkommensteuerpflichtig zu behandeln sind (Grenzpendler mit Inlandseinkünften). Hinweis: Für den Abruf der ELStAM aus der entsprechenden Datenbank müssen sich Arbeitgeber unter www.elster.de (Rubrik "Mein ELSTER”) mit einem sogenannten Organisationszertifikat registrieren. Arbeitgeber, die ihre Lohnabrechnungen durch einen Steuerberater erstellen lassen, benötigen keine eigene Registrierung, denn in diesem Fall übernimmt der Steuerberater die Anmeldung und den Datenabruf.
Vererben eines Familienheims: Steuerbefreiung entfällt bei Eigentumsaufgabe binnen zehn JahrenEhegatten und Lebenspartner können ihre selbstbewohnte Immobilie erbschaftsteuerfrei an den überlebenden Partner vererben, sofern dieser das Objekt unverzüglich für die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt. Hierfür muss der überlebende Partner die Absicht zur Selbstnutzung haben und tatsächlich in die Immobilie einziehen. Die Erbschaftsteuerbefreiung entfällt aber rückwirkend, wenn der überlebende Partner das Eigentum an dem Familienheim innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb auf einen Dritten überträgt. Dies gilt nach einem neuen Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) selbst dann, wenn er die Selbstnutzung zu Wohnzwecken aufgrund eines lebenslangen Nießbrauchs fortsetzt. Im zugrundeliegenden Fall hatte eine Frau von ihrem Ehemann das gemeinsam bewohnte Einfamilienhaus geerbt und war darin zunächst wohnen geblieben. Anderthalb Jahre nach dem Erbfall machte sie aus steuerlicher Sicht einen entscheidenden Fehler und schenkte das Haus ihrer Tochter. Zwar behielt sie sich einen lebenslangen Nießbrauch vor und blieb im Haus wohnen, das Finanzamt erkannte die Erbschaftsteuerbefreiung jedoch rückwirkend ab, weil die Klägerin das Familienheim verschenkt hatte. Der BFH bestätigte nun den rückwirkenden Entfall der Steuerbegünstigung und wies darauf hin, dass der Gesetzgeber mit der Steuerbefreiung den familiären Lebensraum schützen und die Bildung von Wohneigentum durch die Familie fördern wolle. Deshalb könne die Befreiung nur derjenige überlebende Ehegatte oder Lebenspartner in Anspruch nehmen, der Eigentümer der Immobilie werde und sie selbst zum Wohnen nutze. Hinweis: Wird die Nutzung innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb aufgegeben, entfällt die Befreiung rückwirkend. Gleiches gilt bei der Aufgabe des Eigentums. Andernfalls könnte eine Immobilie steuerfrei geerbt und kurze Zeit später weiterveräußert werden. Dies würde dem Förderungsziel des Gesetzes zuwiderlaufen.
Alterseinkünfte: Steuerzahlerbund kritisiert Doppelbesteuerung von RentnernSeit 2005 gilt für Alterseinkünfte die nachgelagerte Besteuerung. Das heißt: Im aktiven Berufsleben dürfen Beiträge zur Altersvorsorge zunächst steuermindernd als Sonderausgaben abgezogen werden, in der späteren Auszahlungsphase wird die Rente im Gegenzug dann (zukünftig) komplett besteuert. Der Bund der Steuerzahler (BdSt) kritisiert in diesem Zusammenhang die auftretende Doppelbesteuerung bei Rentnern, die aus ihrem bereits versteuerten Einkommen Beiträge in eine Altersvorsorge eingezahlt haben und bei der Auszahlung ihrer Rente erneut besteuert werden. Der BdSt weist darauf hin, dass zu dieser Problematik momentan ein Musterverfahren vor dem Bundesfinanzhof (BFH) anhängig ist. Der BdSt warnt, dass künftige Rentnerjahrgänge noch stärker von der Problematik betroffen sein werden, da sie heute nur einen Teil ihrer Vorsorgeaufwendungen steuerlich absetzen können, ihre Rente aufgrund des jährlich ansteigenden Besteuerungsanteils später aber voll versteuern müssen. Hinweis: Konkret fordert der BdSt, dass die geltenden Steuerregeln überarbeitet werden, so dass keine Doppelbesteuerung mehr eintritt, die Steuern direkt von der Rentenversicherung einbehalten werden (ähnlich wie beim Lohnsteuerabzug bei Arbeitnehmern) und alle Steuerbescheide einen Vorläufigkeitsvermerk erhalten, so dass sie bis zu einem Urteil des BFH verfahrensrechtlich offenbleiben.
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