Aktuelle Mandanteninformation 10/2020
25.09.2020
Aktuelle Mandanteninformation 10/2020Inhalt
JStG 2020: BMF legt Referentenentwurf vorDas Bundesfinanzministerium hat am 17.07.2020 den Referentenentwurf für ein Jahressteuergesetz (JStG) 2020 vorgelegt. Mit einem JStG wird in der Regel eine Vielzahl von Änderungen im Steuerrecht vorgenommen. Von diesen Änderungen sind insbesondere auch das Einkommen- sowie das Umsatzsteuergesetz betroffen. Im JStG 2020 sollen unter anderem folgende Änderungen vorgenommen werden:
Auch für das Umsatzsteuergesetz sind diverse Änderungen vorgesehen, zum Beispiel die Umsetzung des Mehrwertsteuer-Digitalpakets sowie das Reverse-Charge-Verfahren bei Telekommunikationsdienstleistungen:
Hinweis: Weitere geplante Änderungen betreffen unter anderem das Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht. Hier soll die Steuerbefreiung des Zugewinnausgleichs eingeschränkt werden. Es bleibt abzuwarten, welche Regelungen letztlich Eingang in den Regierungsentwurf finden. Wir halten Sie über die Entwicklungen auf dem Laufenden.
[ nach oben ] Entlastungen für 2021: Mehr Kindergeld sowie steuerliche Verbesserungen für Familien und Menschen mit BehinderungDie Bundesregierung hat am 29.07.2020 zwei Gesetze mit steuerlichen Inhalten auf den parlamentarischen Weg gebracht. Zum einen soll mit dem Zweiten Familienentlastungsgesetz der Kinderfreibetrag sowie das Kindergeld erneut angepasst werden. Konkret ist geplant, das Kindergeld ab 01.01.2021 um monatlich 15 EUR pro Kind anzuheben. Damit erhielten Eltern ab diesem Zeitpunkt monatlich folgende Zahlungen:
Mit dieser Anhebung geht ab 2021 auch eine Erhöhung des Kinderfreibetrags auf 5.460 EUR und des Freibetrags für den Erziehungs- und Betreuungs- oder Ausbildungsbedarf auf 2.928 EUR einher. Das Finanzamt prüft bei der Einkommensteuerveranlagung automatisch, ob für Sie als Steuerzahler der Abzug des Kinderfreibetrags oder das Kindergeld günstiger ist. Wie das genau funktioniert, erklären wir Ihnen gerne. Doch die Bundesregierung möchte nicht nur Familien entlasten und hat daher weitere Erleichterungen für Steuerzahler geplant. So soll der Grundfreibetrag ab 2021 auf 9.696 EUR und ab 2022 auf 9.984 EUR ansteigen. Damit einhergehend können Steuerzahler, die einen Angehörigen mit Unterhaltszahlungen unterstützen, ab 2021 auch größere Teile ihrer Unterstützungsleistungen steuerlich geltend machen. Hinweis: Schließlich ist noch geplant, die kalte Progression auszugleichen. Darunter versteht man die Steuermehrbelastung, die eintritt, wenn die Einkommensteuersätze nicht an die Preissteigerung angepasst werden. In dem zweiten verabschiedeten Gesetzentwurf geht es um steuerliche Verbesserungen für Familien und Menschen mit Behinderungen. Zur Anpassung der Behinderten-Pauschbeträge und Steuervereinfachung sind ganz konkret die folgenden Maßnahmen vorgesehen:
Hinweis: Diese Änderungen sollen erstmals ab dem Veranlagungszeitraum 2021 gelten. Wir werden Sie über die weitere Entwicklung der Gesetzgebungsverfahren auf dem Laufenden halten.
[ nach oben ] Gastronomie: Ermäßigter Umsatzsteuersatz befristetDas Corona-Virus ist für Unternehmen zu einer echten Herausforderung geworden. Die Folgen für das Wirtschaftsleben sind gravierend. Besonders betroffen sind Gastronomiebetriebe. Das Bundesfinanzministerium (BMF) reagiert auf diese schwierige Lage mit steuerlichen Hilfsmaßnahmen. Es hat in diesem Zusammenhang am 02.07.2020 ein Schreiben veröffentlicht und die Regelungen des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses angepasst. Für Restaurations- und Verpflegungsdienstleistungen ist demnach - mit Ausnahme von Getränken - ein ermäßigter Umsatzsteuersatz anzuwenden. Dieser Steuersatz gilt befristet für den Zeitraum vom 01.07.2020 bis zum 30.06.2021. Es ist demnach nicht zu beanstanden, wenn zur Aufteilung des Gesamtkaufpreises von sogenannten Kombiangeboten aus Speisen inklusive Getränken (z.B. bei Buffet- oder All-inclusive-Angeboten) der auf die Getränke entfallende Entgeltanteil mit 30 % des Pauschalpreises berücksichtigt wird. Zudem stellt das BMF klar, dass es ebenfalls nicht beanstandet wird, wenn in einem Pauschalangebot enthaltene nichtbegünstigte Leistungen in der Rechnung zu einem Sammelposten (z.B. Business-Package oder Servicepauschale) zusammengefasst und der darauf entfallende Entgeltanteil in einem Betrag angesetzt werden. Der auf diese Leistungen entfallende Entgeltanteil kann mit 15 % des Pauschalpreises angesetzt werden. Hinweis: Die Grundsätze dieses Schreibens sind auf alle offenen Fälle vom 01.07.2020 bis zum 31.06.2021 anzuwenden. Für Unternehmer, die Restaurations- und Verpflegungsdienstleistungen anbieten, galt bis 30.06.2020 ein Umsatzsteuersatz von 19 % und seit dem 01.07.2020 gilt nun ein ermäßigter Umsatzsteuersatz von 5 % (soweit Speisen angeboten werden). Vom 01.01.2021 bis zum 30.06.2021 soll ein ermäßigter Umsatzsteuersatz von 7 % und dann ab dem 01.07.2021 wieder der allgemeine Umsatzsteuersatz von 19 % Anwendung finden.
[ nach oben ] Manipulationssichere Kassen: Bundesländer verlängern NichtbeanstandungsfristNach dem Kassengesetz sind Betriebe seit dem 01.01.2020 grundsätzlich verpflichtet, manipulationssichere Kassen einzusetzen. Elektronische Kassensysteme müssen demnach über eine sogenannte zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung (TSE) verfügen. Die Vorgänge im Kassensystem müssen protokolliert werden, so dass nachträgliche Änderungen nachvollziehbar sind. Da es beim Zertifizierungsverfahren zeitliche Verzögerungen gab, hatte das Bundesfinanzministerium betroffenen Betrieben für die Umrüstung ihrer Kassen zunächst eine Nichtbeanstandungsfrist bis zum 30.09.2020 eingeräumt. Aufgrund der Corona-Pandemie und im Zuge der damit verbundenen temporär geänderten Umsatzsteuersätze haben sich nach und nach die Landesfinanzverwaltungen fast aller Bundesländer dazu entschlossen, diese Nichtbeanstandungsfrist bis zum 31.03.2021 zu verlängern. Bis zum 31.03.2021 wird eine fehlende TSE-Umrüstung von den Finanzämtern nicht beanstandet. Die Voraussetzungen hierfür variieren jedoch je nach Bundesland. In Baden-Württemberg gilt die verlängerte Nichtbeanstandungsregelung beispielsweise nur, wenn Betriebe nachweisen können, dass die Ausrüstung ihrer elektronischen Kassensysteme mit TSE bis zum 30.09.2020 nicht möglich war, aber vor dem 01.10.2020 eine verbindliche Bestellung erfolgt oder ein Auftrag erteilt worden ist. Hinweis: Bitte beachten Sie, welche Regelung für Ihr Bundesland gilt.
[ nach oben ] Betriebsstättenverluste: Kehrtwende beim Abzug finaler Verluste?Grenzüberschreitende Sachverhalte sind per se mit einer höheren steuerlichen Komplexität behaftet als rein nationale. Das liegt unter anderem daran, dass in der Regel zwei bzw. mehrere unterschiedliche nationale Steuergesetze zu berücksichtigen sind. Dazu kommen gegebenenfalls noch die Regelungen der Doppelbesteuerungsabkommen. Ein Thema ist jedoch seit jeher besonders komplex und vor allem wechselhaft, und zwar die sogenannten finalen Verluste bei ausländischen Betriebsstätten. In einem vom Finanzgericht Niedersachsen entschiedenen Fall unterhielt eine in Deutschland ansässige GmbH eine Geschäftsfiliale in Polen (Betriebsstätte). Die Filiale erwirtschaftete in den letzten Jahren stetig Verluste ohne realistische Chance auf einen Turnaround. Die Geschäftsführung beschloss, die polnische Filiale zu schließen und diese aufzugeben. Weitere unternehmerische Aktivitäten in Polen bestanden nicht und waren auch nicht geplant. Für die Betriebsstätte in Polen waren bis zu ihrer Schließung Verlustvorträge in Polen festzustellen, ebenso wie in Deutschland - vor dem Hintergrund, diese mit möglichen Gewinnen in der Zukunft verrechnen zu können. Sobald die Filiale geschlossen wird, besteht diese Möglichkeit jedoch nicht mehr und die Verluste werden final. Für die Frage, ob solche ausländischen finalen Verluste in Deutschland abgezogen werden können, hält die Rechtsprechung allerdings ganz unterschiedliche Antworten bereit. In der jüngeren Vergangenheit urteilten sowohl der Europäische Gerichtshof als auch der Bundesfinanzhof (BFH) ablehnend. Im Jahr 2018 entschieden dagegen hessische Finanzrichter, dass ein Abzug möglich sei. Diesem Duktus schlossen sich nun die niedersächsischen Richter an. Die Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit verlange, dass finale Verluste aus dem EU-/EWR-Raum grenzüberschreitend beim inländischen Stammhaus abgezogen werden könnten. Hinweis: Entsprechende Fälle sollten in jedem Fall offengehalten werden. Derzeit sind beim BFH nämlich gleich fünf Verfahren anhängig, in denen es um vergleichbare Sachverhalte geht. Gegebenenfalls könnten die finanzgerichtlichen Urteile zu einer Rückkehr der Abzugsfähigkeit solcher Verluste führen.
[ nach oben ] Sonderabschreibung für Mietwohnungsbau: Finanzverwaltung klärt über Detailfragen aufUm steuerliche Anreize für den Neubau von bezahlbarem Wohnraum zu schaffen, hat der Steuergesetzgeber im August 2019 eine Sonderabschreibung für den Mietwohnungsneubau eingeführt (§ 7b Einkommensteuergesetz). Das Bundesfinanzministerium hat nun ein Anwendungsschreiben zur neuen Sonderabschreibung veröffentlicht, das viele Detailfragen rund um die Förderung klärt. Die neue Sonderabschreibung soll einen Anreiz für private Investoren schaffen, bezahlbaren Mietwohnraum zu errichten, und das Investoreninteresse vom Luxussegment im Wohnungsbau ablenken. Die Sonderabschreibung beläuft sich auf bis zu 5 % pro Jahr (über einen Zeitraum von vier Jahren). Bemessungsgrundlage für die Abschreibung sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Wohnung, maximal jedoch 2.000 EUR pro Quadratmeter der Wohnfläche (Förderhöchstgrenze). Begünstigt sind Bauprojekte zur Schaffung neuer Mietwohnungen, bei denen die Bauanträge nach dem 31.08.2018 und vor dem 01.01.2022 gestellt worden sind. Weitere Voraussetzung für die Sonderabschreibung ist, dass die Anschaffungs- oder Herstellungskosten pro Quadratmeter Wohnfläche nicht mehr als 3.000 EUR betragen und die Wohnung für zehn Jahre dauerhaft zu Wohnzwecken vermietet wird. Hinweis: Die Baukostenobergrenze von 3.000 EUR ist nicht mit der Förderhöchstgrenze von 2.000 EUR zu verwechseln, denn Erstere entscheidet über das "Ob" der Förderung, während Letztere lediglich die Höhe der Abschreibung deckelt. Wird die Baukostenobergrenze überschritten, führt dies zum vollständigen Ausschluss von der Sonderabschreibung, während bei Überschreitung der Förderhöchstgrenze lediglich ein Teil der Anschaffungs- oder Herstellungskosten aus der Abschreibung herausfällt. Da die reguläre lineare Gebäudeabschreibung von 2 % pro Jahr parallel neben der Sonderabschreibung genutzt werden kann, lassen sich in den ersten vier Jahren somit insgesamt 28 % der Kosten steuerlich absetzen.
Hinweis: Wer die Sonderabschreibung in Anspruch nehmen möchte, sollte sich möglichst frühzeitig vor dem Start des Bauprojekts an seinen steuerlichen Berater wenden, damit dieser die Einhaltung der Fördervoraussetzungen überwachen kann.
[ nach oben ] Entlastungsbetrag für Alleinerziehende: Finanzämter setzen Erhöhung für 2020 und 2021 automatisch umAlleinerziehende Steuerzahler haben nach dem Einkommensteuergesetz einen Anspruch auf einen steuermindernden Entlastungsbetrag, wenn zu ihrem Haushalt mindestens ein Kind gehört, für das ihnen Kindergeld oder ein Kinderfreibetrag zusteht. Voraussetzung für den Entlastungsbetrag ist unter anderem, dass keine Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen volljährigen Person besteht (ausgenommen: volljährige Kinder). Seit 2015 liegt der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende bei 1.908 EUR pro Jahr. Er erhöht sich ab dem zweiten Kind um jeweils 240 EUR. Hinweis: Der Entlastungsbetrag wirkt sich bei Arbeitnehmern direkt über die Lohnsteuerklasse II steuermindernd aus. Er wird von den Finanzämtern zudem im Einkommensteuerbescheid bei der Berechnung des Gesamtbetrags der Einkünfte abgezogen, so dass auch andere Erwerbstätige wie beispielsweise Selbständige und Gewerbetreibende profitieren. Zur Abmilderung der Corona-Krise hat der Steuergesetzgeber den Entlastungsbetrag mittlerweile befristet auf die Jahre 2020 und 2021 von 1.908 EUR auf 4.008 EUR angehoben (Erhöhung um 2.100 EUR). Die Änderung gilt seit dem 01.07.2020. Das Landesamt für Steuern Rheinland-Pfalz (LfSt) hat nun darauf hingewiesen, dass die Finanzämter den erhöhten Freibetrag in den allermeisten Fällen automatisch und ohne Antrag der alleinerziehenden Person gewähren. Wer in Steuerklasse II eingruppiert ist, dem wird der Erhöhungsbetrag automatisch als weiterer Freibetrag in seine elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale eingetragen, so dass dem Arbeitgeber die Daten für den verminderten Lohnsteuereinbehalt seit Anfang August 2020 bereitstehen müssten. Der höhere Entlastungsbetrag sollte also spätestens in der Lohnabrechnung für September 2020 umgesetzt worden sein. Das LfSt weist darauf hin, dass Alleinerziehende sich mit ihrem zuständigen Finanzamt in Verbindung setzen sollten, sofern der Erhöhungsbetrag bei der Lohnabrechnung nicht berücksichtigt worden ist.
Hinweis: Die Erhöhungsbeträge von jeweils 240 EUR für das zweite und jedes weitere Kind sind betragsmäßig gleich geblieben und werden wie bisher nur auf Antrag der alleinerziehenden Person gewährt. Hierfür muss der Alleinerziehende einen Antrag auf Lohnsteuer-Ermäßigung (mit der Anlage "Kind") einreichen. Mit diesem Antrag kann auch der Wechsel in die Steuerklasse II beantragt werden.
[ nach oben ] Werbungskosten: Aufwendungen für eine Erstausbildung sind nicht abziehbarIn einem vielbeachteten Urteil hat der Bundesfinanzhof (BFH) kürzlich entschieden, dass Kosten für eine Erstausbildung ab dem Veranlagungszeitraum 2004 nicht (mehr) als Werbungskosten abziehbar sind. Eine Ausnahme bilden lediglich Fälle, in denen das Studium im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet. Im zugrundeliegenden Urteilsfall hatte eine Studentin die Kosten für ihr Erststudium als Werbungskosten geltend gemacht. Da sie während der Studienzeit keine bzw. nur geringfügige Einkünfte erzielte, wollte sie die ihr dadurch entstehenden Verluste mit künftigen Einkünften verrechnen und begehrte daher die Feststellung eines vortragsfähigen Verlusts. Der BFH sah jedoch keinen Raum für eine steuerliche Feststellung der Verluste und verwies auf das mit Wirkung ab 2004 im Einkommensteuergesetz verankerte Abzugsverbot für Erstausbildungskosten. Ein Abzug der Kosten kommt lediglich als Sonderausgaben, begrenzt auf 6.000 EUR pro Jahr (ab 2012), in Betracht. Da ein Sonderausgabenabzug aber nicht zu einem vortragsfähigen Verlust führt, wirken sich die Aufwendungen der Studentin im Ergebnis nicht steuermindernd aus. Während des Verfahrens hatte der BFH das gesetzliche Abzugsverbot für Erstausbildungskosten selbst für verfassungswidrig gehalten und im Rahmen eines sogenannten Normenkontrollverfahrens eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) eingeholt. Nachdem die Verfassungsrichter aber entschieden hatten, dass der Ausschluss des Werbungskostenabzugs von Berufsausbildungskosten für eine Erstausbildung außerhalb eines Dienstverhältnisses mit dem Grundgesetz vereinbar ist, nahm der BFH das zunächst ausgesetzte Verfahren der Studentin wieder auf und wies deren Klage ab. Hinweis: Beim BFH waren viele Revisionen zu derselben Rechtsfrage anhängig. Sie betrafen ebenfalls den Werbungskostenabzug der Aufwendungen für das Erststudium sowie den Werbungskostenabzug der Aufwendungen für eine Pilotenausbildung, die außerhalb eines Dienstverhältnisses stattfand. Diese Verfahren wurden nach der ablehnenden Entscheidung des BVerfG zurückgenommen und durch Einstellungsbeschluss erledigt.
[ nach oben ] Rückwirkende Kindergeldgewährung: Sechsmonatige Ausschlussfrist muss schon bei der Festsetzung beachtet werdenSeit 2018 ist im Einkommensteuergesetz geregelt, dass Kindergeld rückwirkend nur für die letzten sechs Monate vor Beginn des Monates gezahlt werden kann, in dem der Antrag auf Kindergeld eingegangen ist. Hinweis: Die Frist soll Eltern dazu bewegen, ihre Kindergeldanträge zeitnah zu stellen, damit Familienkassen noch die Möglichkeit haben, den zugrundeliegenden Sachverhalt mit zeitlicher Nähe aufzuklären. Denn liegen die Anspruchszeiträume für das Kindergeld bereits Jahre zurück, lassen sich die Anspruchsvoraussetzungen nur noch schwer überprüfen. Nach einem aktuellen Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) ist die sechsmonatige Ausschlussfrist von der Familienkasse bereits bei der Festsetzung des Kindergeldes im Kindergeldbescheid zu berücksichtigen und nicht erst bei der nachfolgenden Auszahlung des festgesetzten Kindergeldes. Setzt die Familienkasse das Kindergeld fälschlicherweise über den Sechsmonatszeitraum hinaus fest, muss sie es auch in dieser Höhe auszahlen. Im zugrundeliegenden Fall hatte eine Familienkasse im April 2018 rückwirkend Kindergeld für einen Zeitraum von zwei Jahren und neun Monaten festgesetzt (ab August 2015). Im anschließenden Auszahlungsverfahren (Erhebungsverfahren) wandte sie jedoch den Sechsmonatszeitraum an, so dass dem kindergeldberechtigten Vater nur für diesen Zeitraum das Kindergeld überwiesen wurde. Mit seiner Klage gegen diese zeitliche Begrenzung bekam der Vater nun endgültig recht. Der BFH verwies darauf, dass die Familienkasse an ihre (falsche) Entscheidung im Festsetzungsverfahren gebunden sei und die sechsmonatige Ausschlussfrist nicht erst im Auszahlungsverfahren (Erhebungsverfahren) anwenden dürfe. Dies ergab sich für die Bundesrichter vor allem daraus, dass der Gesetzgeber die Ausschlussfrist in Zusammenhang mit anderen Bestimmungen geregelt hat, die ebenfalls die Festsetzung des Kindergeldes betreffen.
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