Aktuelle Mandanteninformation 02/2021
22.01.2021
Aktuelle Mandanteninformation 02/2021Inhalt
BMF passt Umsatzsteuer-Anwendungserlass an: Umsatzsteuerliche Behandlung von Einzweck- und MehrzweckgutscheinenDas Bundesfinanzministerium (BMF) hat am 02.11.2020 ein Schreiben zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Einzweck- und Mehrzweckgutscheinen herausgegeben. Der Umsatzsteuer-Anwendungserlass ist in diesem Zusammenhang angepasst worden. Mit der sogenannten Gutschein-Richtlinie, die am 27.06.2016 vom Europäischen Rat verabschiedet wurde, sind spezielle Vorschriften für die umsatzsteuerliche Behandlung von Gutscheinen in die Mehrwertsteuersystem-Richtlinie eingefügt worden. Die Gutschein-Richtlinie wurde mit Wirkung vom 01.01.2019 in nationales Recht umgesetzt. Mit diesen neuen Regelungen soll zukünftig eine einheitliche steuerliche Behandlung von im Binnenmarkt gehandelten Gutscheinen sichergestellt werden. Die Richtlinie soll insbesondere Wettbewerbsverzerrungen sowie eine Doppel- bzw. Nichtbesteuerung vermeiden. In seinem aktuellen Schreiben äußerst sich das BMF insbesondere zur Definition und Abgrenzung von Gutscheinen. Ferner gibt das BMF zahlreiche Erläuterungen und Beispiele zu Einzweck- und Mehrzweckgutscheinen. Hinweis: Die Grundsätze dieses Schreibens sind erstmals auf Gutscheine anzuwenden, die nach dem 31.12.2018 ausgestellt worden sind. Es wird jedoch nicht beanstandet, wenn ab dem 01.01.2019 und vor dem 02.02.2021 ausgestellte Gutscheine von den Beteiligten nicht diesen Vorschriften gemäß behandelt worden sind.
[ nach oben ] Umsatzsteuer bei Verpachtung an Pauschallandwirte: BMF übernimmt Rechtsprechung des BFHDas Bundesfinanzministerium (BMF) hat am 06.11.2020 ein Schreiben zu den umsatzsteuerlichen Folgen der Verpachtung an Pauschallandwirte veröffentlicht. Der Umsatzsteuer-Anwendungserlass ist in diesem Zusammenhang angepasst worden. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat bereits im Jahr 2018 entschieden, dass ein Unternehmer, der ein Grundstück an einen Landwirt verpachtet, der seine Umsätze nach Durchschnittssätzen versteuert, nicht auf die Steuerfreiheit seiner Umsätze verzichten kann. Mit dieser Rechtsprechung entschied der BFH entgegen der Verwaltungsauffassung. Das BMF hat mit aktuellem Schreiben diese BFH-Rechtsprechung übernommen. Die Grundsätze dieses Schreibens sind auf alle offenen Fälle anzuwenden. Es wird jedoch nicht beanstandet, wenn für Umsätze, die vor dem 01.01.2020 bewirkt worden sind, die Vorschriften dieses BMF-Schreibens nicht angewendet werden. Hinweis: Im Rahmen der Durchschnittssatzbesteuerung unterliegen die Umsätze eines Landwirts bestimmten Durchschnittssteuersätzen. Ein Landwirt kann nach dieser Regelung Umsatz- und Vorsteuerpauschalierungen vornehmen. Ziel dieser Vorschrift ist es, den Verwaltungsaufwand und das Besteuerungsverfahren für Landwirte zu vereinfachen.
[ nach oben ] Freiberufler: Sponsoringkosten für die Imagepflege sind als Betriebsausgaben abziehbarUnternehmer greifen gerne zu Sponsoringmaßnahmen, um am Markt bekannt zu werden, ihr Image zu pflegen oder Kunden zu akquirieren. So auch eine ärztliche Gemeinschaftspraxis aus Rheinland-Pfalz, deren Fall nun den Bundesfinanzhof (BFH) beschäftigt hat. Die Praxis hatte ihr Logo bzw. die Adresse ihrer Internetpräsenzen auf der Kleidung von Sportlern anbringen lassen und hierfür Sponsoringaufwand von mehreren Zehntausend Euro pro Jahr getragen. Die beteiligten Ärzte wollten so das Image einer im Sport tätigen Arztpraxis aufbauen und ihre sportmedizinische Expertise in den Vordergrund stellen. Das Finanzamt war nach einer Betriebsprüfung der Ansicht, die Kosten seien nicht als Betriebsausgaben zu berücksichtigen. Der BFH gab nun jedoch grünes Licht für den Kostenabzug und urteilte, dass Sponsoringaufwendungen zu den Betriebsausgaben gehören, wenn sich der sponsernde Freiberufler davon wirtschaftliche Vorteile verspricht (insbesondere in Form eines unternehmerischen Ansehensgewinns) oder für seine Produkte oder Dienstleistungen werben möchte. Voraussetzung für den Betriebsausgabenabzug ist, dass der Empfänger der Sponsorengelder öffentlichkeitswirksam auf das Sponsoring oder die Produkte bzw. Dienstleistungen des Sponsors hinweist und hierdurch für Außenstehende eine konkrete Verbindung zu dem Sponsor und seinen Leistungen erkennbar wird. Bei Freiberufler-Personengesellschaften wie im Urteilsfall genügt es, wenn auf die freiberufliche Tätigkeit und Qualifikation der einzelnen Berufsträger hingewiesen wird. Nach diesen Rechtsgrundsätzen war im vorliegenden Fall ein Betriebsausgabenabzug zulässig. Hinweis: Der BFH unterstrich hier, dass die Arbeit von Freiberuflern grundsätzlich durch die unmittelbare, persönliche und individuelle Arbeitsleistung des Berufsträgers geprägt und die Vertrauensbeziehung zum Kunden grundlegend ist, so dass ein Sponsoring zur Imagepflege steuerlich anerkannt werden muss.
[ nach oben ] Nichtberücksichtigung einer verdeckten Gewinnausschüttung: Einkommenserhöhung durch eine verdeckte EinlageZwischen Mutter- und Tochtergesellschaften sind Übervorteilungen in der Praxis kaum vermeidbar; so verlangt das tägliche Geschäftsgebaren oftmals schnelle kaufmännische Entscheidungen. Im Nachhinein nimmt der Betriebsprüfer dann genau solche Entscheidungen gerne zum Anlass, sie als Verstöße gegen das Gebot des fremdüblichen Verhaltens zu betrachten und folgert daraus verdeckte Gewinnausschüttungen bzw. verdeckte Einlagen. Beispiel: Für eine aussichtsreiche Geschäftschance benötigt eine Tochtergesellschaft schnellstens Liquidität. Ihre Muttergesellschaft springt ein und überweist ihr 2.000 EUR. Da es sich um eine kaufmännische Entscheidung handelt, bucht die Muttergesellschaft diesen Betrag als Aufwand und die empfangende Tochtergesellschaft als Ertrag. Lösung: Es handelt sich um eine verdeckte Einlage - diese darf sich nicht auf das Einkommen auswirken, weder bei der Mutter- noch bei der Tochtergesellschaft, da Einlagen grundsätzlich erfolgsneutrale Vorgänge sind. Bei der Mutter hätte die Einlage statt des Aufwands den Beteiligungsbuchwert an der Tochtergesellschaft erhöhen müssen (Beteiligung an Bank) und bei der Tochtergesellschaft hätte der Ertrag bei der Einkommensermittlung (außerbilanziell) wieder abgezogen werden müssen. Wenn die Steuerfestsetzung der Muttergesellschaft jedoch in dem Zeitpunkt, in dem der Betriebsprüfer die Tochtergesellschaft prüft, nicht mehr änderbar ist, bleibt es bei der Tochtergesellschaft bei der Einkommenserhöhung. Grundsätzlich gilt dies auch, wenn eine Tochtergesellschaft ihrer Schwestergesellschaft einen Vorteil gewährt. Nach einem Beschluss des Bundesfinanzhofs (BFH) liegt dann zunächst eine verdeckte Gewinnausschüttung an die gemeinsame Muttergesellschaft und anschließend eine verdeckte Einlage der Muttergesellschaft in die übervorteilte Tochtergesellschaft vor. Bei dieser bleibt es auch bei einer Einkommenserhöhung, wenn die Folgen der Vorteilszuwendung weder bei der auslösenden Tochtergesellschaft noch bei der gemeinsamen Muttergesellschaft berücksichtigt worden sind. Der BFH hat dieses Konstrukt jedoch mit einem neueren Urteil 2018 ins Wanken gebracht. Darin heißt es, dass die verdeckte Gewinnausschüttung bei der Muttergesellschaft ja stets steuerfrei sei, weshalb es bei der übervorteilten Tochtergesellschaft zu einem außerbilanziellen Abzug der einlagebedingten Gewinnerhöhung kommt. Genau diese Aussage erklärt die Finanzverwaltung jedoch mit aktuellem Schreiben für nicht anwendbar. Es komme nach Meinung des Bundesfinanzministeriums nicht auf die Steuerfreiheit der verdeckten Gewinnausschüttung an, sondern nur auf die Frage, ob die verdeckte Gewinnausschüttung im Rahmen der Steuererklärung erfasst worden sei.
[ nach oben ] Verpflegungsmehraufwand: Kürzung der Pauschalen muss auch bei "stehengebliebenen" Mahlzeiten erfolgenWird ein Arbeitnehmer außerhalb seiner Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte beruflich tätig, kann er pauschale Verpflegungsmehraufwendungen als Werbungskosten abziehen bzw. steuerfrei von seinem Arbeitgeber erstattet bekommen. Bei mehrtätigen Dienstreisen lassen sich jeweils 14 EUR für den An- und Abreisetag ansetzen und jeweils 28 EUR für die "vollen Zwischentage". Bei eintägigen Dienstreisen gilt eine Pauschale von 14 EUR, sofern der Arbeitnehmer an diesem Tag mehr als acht Stunden von seiner Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte abwesend war. Stellt der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer während einer Dienstreise eine oder mehrere Mahlzeiten zur Verfügung, müssen die Verpflegungspauschalen allerdings gekürzt werden - und zwar um 5,60 EUR für ein Frühstück (= 20 % der Verpflegungspauschale von 28 EUR) und um jeweils 11,20 EUR für ein Mittag- und Abendessen (= 40 % der Verpflegungspauschale von 28 EUR). Hat der Arbeitnehmer für die Mahlzeit ein Entgelt gezahlt, mindert dieser Eigenanteil wiederum den Kürzungsbetrag. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem neuen Urteil entschieden, dass die Verpflegungspauschalen auch dann gekürzt werden müssen, wenn der Arbeitgeber Mahlzeiten zur Verfügung gestellt hat, die vom Arbeitnehmer aber tatsächlich nicht eingenommen worden sind. Geklagt hatte ein Bundeswehrsoldat, der das in seiner Kaserne angebotene Frühstück und Abendessen nicht in Anspruch genommen hatte.
Die Bundesrichter verwiesen darauf, dass nach dem Wortlaut des Gesetzes das "zur Verfügung stellen" einer Mahlzeit für die Kürzung genüge und hiermit lediglich die Bereitstellung einer Mahlzeit gemeint sein könne. Diese Auslegung wird nach Auffassung des BFH auch durch den Gesetzeszweck bestätigt, Arbeitgeber und Finanzverwaltung von Verwaltungsaufwand zu entlasten. Müsste im Einzelnen aufgezeichnet und festgestellt werden, ob ein Arbeitnehmer eine zur Verfügung gestellte Mahlzeit auch tatsächlich eingenommen hat, würde dieser Vereinfachungszweck verfehlt.
[ nach oben ] Strittige Kaufpreisaufteilung bei Immobilien: Gerichte dürfen nicht einfach auf BMF-Arbeitshilfe zurückgreifenDie Aufteilung eines einheitlichen Grundstückskaufpreises auf das Gebäude und den Grund und Boden ist für die Praxis bedeutsam, weil nur die Anschaffungskosten für das Gebäude steuerlich abgeschrieben werden können. Vermieter sind daher daran interessiert, den Wert ihres Gebäudes im Besteuerungsverfahren möglichst hoch und den Wert des Grundstücks möglichst niedrig anzusetzen. Eine im Kaufvertrag vorgenommene Kaufpreisaufteilung muss nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung grundsätzlich von den Finanzämtern akzeptiert werden. Die vertragliche Aufteilung ist für das Besteuerungsverfahren allerdings nicht bindend, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Kaufpreis nur zum Schein bestimmt worden ist oder ein steuerlicher Gestaltungsmissbrauch vorliegt. Wurden durch die vertragliche Kaufpreisaufteilung die realen Wertverhältnisse in grundsätzlicher Weise verfehlt und erscheint diese Aufteilung wirtschaftlich nicht haltbar, können Finanzämter und Finanzgerichte (FG) sie verwerfen und eine anderweitige Aufteilung vornehmen. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat nun entschieden, dass die FG bei strittigen und "verzerrten" Kaufpreisaufteilungen laut Vertrag in der Regel dazu angehalten sind, ein Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen zur Bewertung von Grundstücken einzuholen. Im Urteilsfall hatte die Klägerin eine Eigentumswohnung in einer Großstadt für 110.000 EUR erworben. Nach dem Kaufvertrag sollten davon lediglich 20.000 EUR auf das Grundstück entfallen. Dementsprechend ging die Klägerin für Abschreibungszwecke von einem Gebäudeanteil von rund 82 % aus. Das Finanzamt ermittelte hingegen einen Gebäudeanteil von nur rund 31 % und legte dabei die vom Bundesfinanzministerium (BMF) im Internet bereitgestellte "Arbeitshilfe zur Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein bebautes Grundstück (Kaufpreisaufteilung)" zugrunde. Hinweis: Die Arbeitshilfe ist unter www.bundesfinanzministerium.de abrufbar. In erster Instanz sah das FG Berlin-Brandenburg in der Arbeitshilfe ein geeignetes Wertermittlungsverfahren und wies die Klage ab. Der BFH hob dieses Urteil jedoch auf und erklärte, dass die Arbeitshilfe in Streitfällen nicht reflexartig zur Wertermittlung herangezogen werden könne. Nach Meinung der Bundesrichter gewährleistet die Arbeitshilfe nicht die von der Rechtsprechung geforderte Aufteilung nach den realen Verkehrswerten von Grund und Gebäude, da die Auswahl der zur Verfügung stehenden Bewertungsverfahren auf das (vereinfachte) Sachwertverfahren verengt wurde. Auch bleibt bei der schematischen Aufteilung der Orts- oder Regionalisierungsfaktor unberücksichtigt. Im Fall einer streitigen Grundstücksbewertung sind die FG daher in der Regel dazu angehalten, sich statt auf die BMF-Arbeitshilfe auf ein Gutachten zu stützen.
[ nach oben ] Haushaltsnahe Dienstleistung: Öffentliche Straßenreinigung und Werkstattlohn sind nicht abziehbarWer Handwerker, Putzhilfen, Gärtner usw. in seinem Privathaushalt beschäftigt, kann die Lohnkosten in seiner Einkommensteuererklärung abrechnen. Der Arbeitslohn kann mit 20 % direkt von der tariflichen Einkommensteuer abgezogen werden. Dieser Steuerbonus ist bei Handwerkerleistungen auf 1.200 EUR pro Jahr begrenzt, so dass jährlich Handwerkerlöhne von maximal 6.000 EUR abgerechnet werden können. Kosten für Minijobber im Privathaushalt werden vom Fiskus ebenfalls mit einem Steuerbonus von 20 % gefördert. Pro Jahr lassen sich hier Kosten bis zu 2.550 EUR abrechnen, da der Steuerbonus jährlich höchstens 510 EUR beträgt. Bei anderen haushaltsnahen Dienstleistern, die "auf Lohnsteuerkarte" oder auf selbständiger Basis im Privathaushalt arbeiten, können Kosten in Höhe von 20.000 EUR pro Jahr abgerechnet werden (Steuerersparnis von 20 %, maximal 4.000 EUR). In einem aktuellen Urteil hat der Bundesfinanzhof jetzt entschieden, dass Kosten für die öffentliche Straßenreinigung keine begünstigten haushaltsnahen Dienstleistungen sind und auch der "Werkstattlohn" eines Handwerkers keine begünstigte Handwerkerleistung ist. Im zugrundeliegenden Fall hatte die Klägerin neben ihren Straßenreinigungsgebühren auch den Arbeitslohn eines Tischlers steuerlich geltend gemacht, der für die Reparatur eines Hoftors angefallen war. Der Tischler hatte das Tor ausgebaut, in seiner Werkstatt instand gesetzt und anschließend wieder auf dem Grundstück der Klägerin eingebaut. Die Bundesrichter verwiesen darauf, dass der Steuerbonus für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen voraussetzt, dass die Tätigkeiten im Haushalt des Steuerbürgers ausgeübt oder erbracht werden. Eine haushaltsnahe Dienstleistung erfordere eine Tätigkeit, die üblicherweise von Familienmitgliedern erbracht werde, in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt werde und dem Haushalt diene. Nach diesen Grundsätzen kann zwar die Reinigung eines Gehwegs noch steuerbegünstigt sein, nicht aber die Reinigung der Fahrbahn einer Straße. Diese Arbeit könne nicht mehr als "hauswirtschaftliche Verrichtung" angesehen werden, die den geforderten engen Haushaltsbezug aufweise. Auch Handwerkerleistungen werden demnach nur dann begünstigt, wenn sie in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt werden. Leistungen, die in der Werkstatt des Handwerkers ausgeführt werden, werden zwar für den, aber nicht im Haushalt des Steuerbürgers erbracht. Die Arbeitskosten des Handwerkers müssen daher im Wege einer Schätzung in einen nichtbegünstigten "Werkstattlohn" und einen begünstigten "Lohn vor Ort" aufgeteilt werden.
[ nach oben ] Zivilprozesskosten: Kosten für Umgangsrechtsstreit sind nicht abziehbarSeit 2013 dürfen Steuerzahler ihre Zivilprozesskosten nur noch dann als außergewöhnliche Belastungen absetzen, wenn sie ohne die Prozessführung Gefahr laufen würden, ihre Existenzgrundlage zu verlieren und ihre lebensnotwendigen Bedürfnisse nicht mehr befriedigen zu können. Aufgrund dieser verschärften Abzugsvoraussetzungen hat der Bundesfinanzhof (BFH) jetzt auch Prozesskosten steuerlich aberkannt, die in Zusammenhang mit einem Umgangsrechtsstreit angefallen waren. Im zugrundeliegenden Fall war die Tochter des Klägers kurz nach der Geburt von der Mutter nach Südamerika entführt worden. Der Kläger hatte daraufhin vergeblich versucht, seine Tochter über das sogenannte Haager Kindesentführungsübereinkommen (HKÜ) nach Deutschland zurückzuholen. Die von ihm getragenen Gerichts- und Anwaltskosten von über 20.000 EUR machte der Vater schließlich als außergewöhnliche Belastungen in seiner Einkommensteuererklärung geltend. Das Finanzamt lehnte dies unter Hinweis auf die Rechtslage ab. Der BFH stimmte dem Finanzamt zu und verwies darauf, dass die Existenzgrundlage im Sinne des Einkommensteuergesetzes nach dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers nur die materielle Lebensgrundlage des Steuerpflichtigen sei, so dass nur eine Gefährdung der materiellen Existenz einen Abzug von Zivilprozesskosten eröffnen könne. Eine Kindesentführung löse zwar eine besondere emotionale und auch finanzielle Belastung aus, hierdurch sei aber allein die immaterielle Existenzgrundlage betroffen. Nach Ansicht der Bundesrichter ist es verfassungsrechtlich nicht geboten, die Begriffe der Existenzgrundlage und der lebensnotwendigen Bedürfnisse auch in einem immateriellen Sinne zu verstehen. Hinweis: Der BFH hat bislang nur in einem Urteil aus 2001 die Aufwendungen für einen Familienrechtsstreit als außergewöhnliche Belastung zum Abzug zugelassen. Hierbei ging es um das Umgangsrecht eines Vaters mit seinen nichtehelichen Kindern unter Geltung einer mittlerweile überholten Zivilrechtslage. In allen anderen Fällen, die Streitigkeiten über das Umgangsrecht außerhalb des sogenannten Zwangsverbunds bei Ehescheidungen betrafen, hat der BFH dagegen die Abzugsfähigkeit als außergewöhnliche Belastungen verneint. Nach seiner Auffassung berühren Streitigkeiten über das Umgangsrecht grundsätzlich nicht den existentiell wichtigen Bereich.
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