Aktuelle Mandanteninformation 01/2023
16.12.2022
Aktuelle Mandanteninformation 01/2023Inhalt
Silbermünzen: Vereinfachungsregelungen gestrichenDas Bundesfinanzministerium (BMF) hat ein Schreiben zum Steuersatz für Umsätze mit Silbermünzen herausgegeben und die Vereinfachungsregelungen aus dem BMF-Schreiben des Jahres 2004 gestrichen. Auf die steuerpflichtigen Einfuhren von Sammlermünzen aus Edelmetallen war bisher der ermäßigte Umsatzsteuersatz anzuwenden, wenn die Bemessungsgrundlage für die Umsätze dieser Gegenstände mehr als 250 % des unter Zugrundelegung des Feingewichts berechneten Metallwerts ohne Umsatzsteuer betrug. Eine ermäßigte Besteuerung von Münzen, die keine Sammlerstücke sind, sieht das Umsatzsteuergesetz nicht vor. Die Vereinfachungsregelungen des BMF-Schreibens aus dem Jahr 2004 sahen vor, dass für viele Silbermünzen der ermäßigte Steuersatz anzuwenden war, ohne dass es einer Wertermittlung bedurfte. Dies hat jedoch in der Praxis dazu geführt, dass der ermäßigte Steuersatz angewandt wurde, obwohl dessen gesetzliche Voraussetzungen nicht erfüllt waren. Daher sind diese Vereinfachungsregelungen nun nicht mehr anzuwenden. Es ist nun bei Gold- und Silbermünzen jeweils zu prüfen, ob es sich um ein Sammlerstück handelt und ob die 250-Grenze überschritten ist. Der Metallwert von Goldmünzen ist grundsätzlich anhand der aktuellen Tagespreise für Gold zu ermitteln. Maßgebend ist der von der Londoner Börse festgestellte Tagespreis (Nachmittagsfixing) für die Feinunze Gold. Dieser in US-Dollar erfasste Wert muss anhand der aktuellen Umrechnungskurse in Euro umgerechnet werden. Aus Vereinfachungsgründen kann der Unternehmer aber auch den letzten im Monat November festgestellten Goldtagespreis für das gesamte folgende Kalenderjahr zugrunde legen. Für das Kalenderjahr 2022 hat die Metallwertermittlung dementsprechend nach einem Goldpreis (ohne Umsatzsteuer) von 50.813 EUR je Kilogramm zu erfolgen. Auch bei der Ermittlung des Metallwerts von Silbermünzen kann der Unternehmer statt der jeweiligen Tagesnotierung den letzten im Monat November festgestellten Preis je Kilogramm Feinsilber für das gesamte folgende Kalenderjahr zugrunde legen. Für das Kalenderjahr 2022 ist die Wertermittlung somit nach einem Silberpreis (ohne Umsatzsteuer) von 631 EUR je Kilogramm vorzunehmen. Hinweis: Die Regelungen dieses Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden.
[ nach oben ] Midijobber: Neue Verdienstgrenzen wirken sich auf Sozialversicherungen ausUm Sozialversicherungsbeiträge im Niedriglohnsektor gering zu halten, können Arbeitnehmer im Rahmen sogenannter Midijobs beschäftigt werden. In Deutschland waren im Jahr 2020 insgesamt drei Millionen Arbeitnehmer als Midijobber eingruppiert. Bei diesen Beschäftigungsverhältnissen musste das Arbeitsentgelt bislang zwischen 450,01 EUR und 1.300,00 EUR pro Monat betragen (sogenannter Übergangsbereich), damit der Arbeitnehmer nur einen reduzierten Beitragsanteil zur Sozialversicherung zahlen musste. Mit der allgemeingültigen Anhebung des Mindestlohns zum 01.10.2022 auf 12 EUR je Stunde verschieben sich die monatlichen Verdienstgrenzen für Mini- und folglich auch für Midijobber. Seitdem liegt der Übergangsbereich für Midijobber zwischen 520,01 EUR und 1.600,00 EUR. In dieser Zone steigen die Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung jetzt neuerdings von 0 % (statt bisher 10 %) bis zum regulären Arbeitnehmerbetrag von derzeit rund 20 % stufenweise an. Im unteren Übergangsbereich werden Midijobber also mit reduzierten Sozialversicherungsbeiträgen entlastet. Somit soll der Sprung vom sozialversicherungsfreien Minijob zum Midijob leichter fallen, da das Gehaltsplus nicht durch Sozialversicherungsbeiträge aufgezehrt wird. Von der Ausweitung der Obergrenze auf 1.600 EUR profitieren sehr viele Angestellte in Teilzeit, deren Arbeitsentgelt meist eher gering ausfällt. Rutscht das Monatsgehalt aufgrund der neuen Mindestlohnregelung über die neue Untergrenze von 520,01 EUR, so ändert sich am Versicherungsstatus nichts. Allerdings kann dies bei bestehenden Midijobbern, die bisher mehr als 450 EUR, aber weniger als 520 EUR verdient haben und damit unter der neuen Untergrenze bleiben, zu einem Problem werden. Sie würden aufgrund des neuen Grenzwerts zum Monatsanfang vom sozialversicherungspflichtigen Midijob in den sozialversicherungsfreien Minijob fallen. Um dem vorzubeugen, hat die Bundesregierung einen Bestandsschutz bis zum 31.12.2023 eingeführt: Für die nächsten 15 Monate bleibt der Versicherungsschutz in der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung in der Regel bestehen. Änderungen gibt es erst dann, wenn der Wechsel in die Familienversicherung möglich ist. Arbeitsverträge müssen demnach erst zum 01.01.2024 an die neue Verdienstuntergrenze angepasst werden, wenn der Versicherungsschutz weiterhin bestehen bleiben soll. Der Rentenversicherungsschutz ist davon nicht berührt, da Minijobs ebenfalls rentenversicherungspflichtig sind. Hinweis: Neu ist, dass sich die bisherigen Midijobber, die jetzt zu Minijobbern geworden sind, auf eigenen Wunsch von der Sozialversicherungspflicht befreien lassen können. Das sollte jedoch ein wohlüberlegter Schritt sein, denn damit entfällt nicht nur der Bestandsschutz, sondern auch die Ansprüche auf Leistungen aus den Sozialversicherungen. Von der Rentenversicherung können sich die Beschäftigten fortan ebenfalls - wie jeder Minijobber - auf Antrag befreien lassen.
[ nach oben ] Inflationsausgleichsprämie: Arbeitgeber können 3.000 EUR steuer- und sozialabgabenfrei auszahlenArbeitgeber können ihren Beschäftigten seit Oktober 2022 eine steuer- und sozialabgabenfreie Inflationsausgleichsprämie von bis zu 3.000 EUR auszahlen. Der Gesetzgeber hat einen entsprechenden Freibetrag im Einkommensteuergesetz verankert, um einen Ausgleich für die allgemeinen Preissteigerungen zu schaffen. Die Prämie kann nur zeitlich befristet bis zum 31.12.2024 ausgezahlt werden. Sie darf in einem Dienstverhältnis aber nur einmal gewährt werden. Hat ein Arbeitnehmer die Prämie also bereits im Jahr 2022 erhalten, darf er sie nicht erneut im Jahr 2023 oder 2024 beziehen. Zulässig ist es aber, den Betrag von 3.000 EUR in mehreren Teilbeträgen auszuzahlen (z.B. jeweils 1.500 EUR über zwei Jahre). Geht die Prämienzahlung erst im Januar 2025 auf dem Konto des Arbeitnehmers ein, ist sie lohnsteuer- und sozialabgabenpflichtig. Hat ein Arbeitnehmer mehrere Dienstverhältnisse, darf die Inflationsausgleichsprämie mehrfach bezogen werden. Sie muss in jedem Fall aber zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden, um steuer- und sozialabgabenfrei zu bleiben. Der Arbeitgeber darf also nicht den regulären Lohn des Arbeitnehmers herabsetzen und die Minderung dann im Anschluss als steuer- und abgabenfreie Inflationsausgleichsprämie auszahlen. Hinweis: Für die Steuer- und Abgabenfreiheit genügt es, wenn der Arbeitgeber bei Gewährung der Prämie deutlich macht, dass diese im Zusammenhang mit der Preissteigerung steht - zum Beispiel durch entsprechenden Hinweis auf dem Überweisungsträger im Rahmen der Lohnabrechnung.
[ nach oben ] Auslandstätigkeit: Welcher Staat hat das Besteuerungsrecht?Wenn Sie in einem anderen Land arbeiten, wird der dortige Fiskus sicherlich Steuern erheben. Solange Sie auch einen Wohnsitz in Deutschland haben, will der deutsche Fiskus ebenfalls seinen Anteil erhalten. Allerdings haben einige Länder mit Deutschland sogenannte Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) geschlossen, um eine solche Doppelbesteuerung zu vermeiden. Im vorliegenden Sachverhalt wollten jedoch beide Staaten besteuern. Das Finanzgericht Köln (FG) musste den Streitfall entscheiden. Der Kläger hat die deutsche Staatsbürgerschaft und arbeitet für die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ). Seit Oktober 2017 ist er nach Ägypten entsandt und sein Arbeitslohn wird von der GIZ in Ägypten getragen. Der Kläger hatte neben seiner Hauptwohnung in Deutschland im Rahmen seiner Auswärtstätigkeit noch eine Wohnung in Ägypten angemietet. Im Einkommensteuerbescheid 2017 wurde der Arbeitslohn für seine Tätigkeit in Ägypten als steuerpflichtiger Bruttoarbeitslohn berücksichtigt. Hiergegen klagte er. Diese Klage war begründet. Der Arbeitslohn sei zu Unrecht als in Deutschland steuerpflichtig behandelt worden, da Ägypten das Besteuerungsrecht zustehe. Der Kläger sei im Jahr 2017 in Deutschland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig gewesen und nach dem DBA Ägypten stehe Ägypten als Tätigkeitsstaat das Besteuerungsrecht zu, entgegen der Ansicht des Finanzamts. Bei der GIZ handele es sich um eine Körperschaft des privaten Rechts, so dass die Lohnzahlung auch nicht aus einer öffentlichen Kasse erfolgt sei. Die Einkünfte aus Ägypten unterliegen somit in Deutschland lediglich dem Progressionsvorbehalt.
[ nach oben ] Fristverlängerung: Drei Monate mehr für die GrundsteuererklärungFalls Sie Ihre Grundsteuererklärung noch nicht abgegeben haben, können Sie aufatmen - allerdings auch nur kurz: Die Frist zur Abgabe der Erklärungen wurde von Ende Oktober 2022 auf Ende Januar 2023 verlängert. Dies geht aus einem Beschluss der Finanzminister der Länder hervor. Die Abgabe gesonderter Grundsteuererklärungen ist aufgrund der Grundsteuerreform erforderlich, die das Bundesverfassungsgericht gefordert hatte. Nach dem bisherigen System der Einheitswertberechnung kalkulieren die Finanzämter den Wert einer Immobilie auf Grundlage veralteter Daten aus dem Jahr 1935 (in Ostdeutschland) bzw. 1964 (in Westdeutschland). Für die Neuberechnung müssen nun fast 36 Millionen Grundstücke neu bewertet werden. Abgefragt werden in der neuen Grundsteuererklärung unter anderem Angaben zur Lage des Grundstücks (einschließlich Gemarkung und Flurstück), Grundstücksfläche, Bodenrichtwert, Wohnfläche und gegebenenfalls Grundstücks- oder Gebäudeart sowie das Baujahr. Mittels der Angaben aus der Grundsteuererklärung wird von den Finanzämtern dann ein sogenannter Grundsteuerwert berechnet. Hierbei werden künftig - anstatt des alten Einheitswerts - der Bodenrichtwert und eine statistisch ermittelte Nettokaltmiete zugrunde gelegt. Diese neue Rechengröße wird anschließend mit einer gesetzlich festgeschriebenen Steuermesszahl multipliziert, um den Grundsteuermessbetrag zu erhalten. Erhalten die Grundbesitzer vom Finanzamt einen Bescheid über den Grundsteuerwert oder den Grundsteuermessbetrag, ist erst einmal noch nichts zu zahlen, denn diese Mitteilungen dienen nur der Information. Die Gemeinden und Städte wenden auf den Betrag ihren individuellen Hebesatz an und berechnen so die Grundsteuer. Was die Reform für ihn ganz persönlich bedeutet, wird der einzelne Eigentümer erst im Jahr 2025 erfahren. Denn erst dann werden die neuen Grundsteuerbescheide durch die jeweilige Gemeinde zusammen mit der Zahlungsaufforderung verschickt. Hinweis: Der Bund hatte 2019 ein zentrales Modell zur Neuberechnung der Grundsteuer vorgelegt. Den Bundesländern war es aber gestattet, hiervon abzuweichen. Die Mehrheit der Länder (Berlin, Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein, Thüringen) haben das Berechnungsmodell des Bundes vollständig übernommen. Sachsen und das Saarland weichen nur geringfügig bei der Höhe der Steuermesszahlen ab. Von der Öffnungsklausel Gebrauch gemacht haben Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen und Niedersachsen. Hier wird nicht nach der Art der Immobilie und dem Baujahr gefragt.
[ nach oben ] Keine anschaffungsnahen Herstellungskosten: Sanierungsaufwand kann nach Entnahme einer Wohnung sofort abgesetzt werdenWerden an Mietobjekten innerhalb von drei Jahren nach ihrer Anschaffung umfangreiche Instandsetzungs- oder Modernisierungsmaßnahmen durchgeführt, drohen dem Vermieter bei der Abschreibung erhebliche steuerliche Nachteile: Kosten, die eigentlich als Erhaltungsaufwendungen sofort abziehbar sind, werden vom Finanzamt zu anschaffungsnahen Herstellungskosten umgedeutet, wenn sie (ohne Umsatzsteuer) 15 % der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen. Diese Umdeutung führt dazu, dass sich die Instandsetzungs- oder Modernisierungskosten nur noch über die reguläre Abschreibung des Gebäudes steuermindernd auswirken. Ein sofortiger steuerlicher Abzug ist dann nicht mehr möglich. Ob die Dreijahresfrist auch durch die Entnahme einer Wohnung aus dem Betriebsvermögen in Gang gesetzt werden kann, hat nun der Bundesfinanzhof (BFH) untersucht. Im zugrunde liegenden Fall hatte der Kläger eine Wohnung aus seinem landwirtschaftlichen Betriebsvermögen entnommen und im Anschluss daran grundlegend saniert. Die Kosten hierfür beliefen sich in den ersten drei Jahren nach der Entnahme auf insgesamt rund 83.000 EUR, die der Kläger als sofort abziehbaren Erhaltungsaufwand bei seinen Vermietungseinkünften geltend machte (die Vermietung erfolgte an seine Tochter). Das Finanzamt war der Auffassung, dass der Kläger den Aufwand nur als anschaffungsnahe Herstellungskosten über die Nutzungsdauer des Objekts verteilt abschreiben könne (linear mit 2 % pro Jahr). Der Kläger machte dagegen geltend, dass keine entgeltliche Anschaffung der Wohnung vorgelegen habe und die Dreijahresfrist somit nicht in Gang gesetzt worden sei, innerhalb derer anschaffungsnahe Herstellungskosten anfallen können. Die Entnahme sei nämlich kein anschaffungsähnlicher Vorgang. Der BFH urteilte ebenfalls, dass die Entnahme einer Wohnung aus dem Betriebsvermögen keine Anschaffung im Sinne der Regelungen zu anschaffungsnahen Herstellungskosten ist, so dass die Baukosten zu Unrecht als solche eingeordnet worden waren. Es fehlt für die Annahme einer Anschaffung sowohl an der notwendigen Gegenleistung als auch an einem Rechtsträgerwechsel, sofern das Wirtschaftsgut in das Privatvermögen desselben Steuerzahlers überführt wird. Hinweis: Der BFH verwies die Sache gleichwohl zurück an die Vorinstanz, da noch zu klären war, ob die Baukosten möglicherweise nach den Bewertungsmaßstäben des Handelsgesetzbuches zu den Herstellungskosten zählen. Sollte dies nicht der Fall sein, kann der Kläger seine Aufwendungen sofort in den Jahren der Zahlung abziehen.
[ nach oben ] Eltern aufgepasst: In welcher Höhe Sie Kita-Gebühren absetzen könnenBesucht Ihr Kind eine Kita, Kinderkrippe oder Kindergarten, so können Sie als Eltern zwei Drittel der Betreuungskosten als Sonderausgaben in ihrer Einkommensteuererklärung abrechnen (maximal 4.000 EUR pro Kind und Jahr). Steuerfreie Zuschüsse des Arbeitgebers müssen allerdings gegengerechnet werden. Voraussetzung für den Abzug von Kinderbetreuungskosten ist unter anderem, dass das Kind zum elterlichen Haushalt gehört, was in der Praxis in den meisten Fällen kein Problem darstellen dürfte. Bei getrennt lebenden, geschiedenen oder unverheirateten Eltern kann nur derjenige Elternteil die Kosten abziehen, bei dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat und der die Kosten tatsächlich getragen hat. Nicht nur leibliche Eltern, sondern auch Adoptiv- oder Pflegeeltern dürfen Kinderbetreuungskosten absetzen. Hinweis: Als Sonderausgaben absetzbar sind nur die "reinen" Betreuungskosten. Nicht begünstigt sind beispielsweise die Kosten für Verpflegung, für Ausflüge und für Sport-, Sprach- oder Musikunterricht. Weitere Voraussetzung für den Sonderausgabenabzug ist, dass für die Aufwendungen eine Rechnung ausgestellt wurde und die Zahlung per Überweisung erfolgt ist. Barzahlung wird vom Finanzamt nicht anerkannt. Es ist allerdings nicht erforderlich, dass die Eltern die Rechnung und den Zahlungsnachweis (Kontoauszug) direkt ihrer Einkommensteuererklärung beifügen. Sie müssen die Unterlagen aber gegebenenfalls auf Anforderung des Finanzamts nachreichen.
[ nach oben ] Erstattungs- und Nachzahlungszinsen: Ab wann der abgesenkte Zinssatz von 1,8 % pro Jahr greiftDamit Bürger ihre Steuererklärung nicht unnötig lange zurückbehalten, um eine erwartete hohe Abschlusszahlung hinauszuzögern, werden Steuernachzahlungen verzinst. Der Zinslauf beginnt 15 Monate nach Ablauf des Steuerentstehungsjahrs - für den Veranlagungszeitraum 2022 also am 01.04.2024. Ergeht ein Steuerbescheid mit Nachzahlungsbetrag erst nach diesem Datum, muss der Steuerzahler dem Finanzamt - neben dem Nachzahlungsbetrag - also zusätzlich Zinsen zahlen. Die andere Seite der Medaille ist, dass auch Steuererstattungen verzinst werden. Steuerzahler erhalten also Zinsen vom Finanzamt ausgezahlt, wenn eine Steuererstattung allzu spät erfolgt. Lange Zeit lag der gesetzliche Zinssatz für Nachzahlungs- und Erstattungszinsen bei 6 % pro Jahr. Im Juli 2021 hatte das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entschieden, dass die Höhe des Zinssatzes bei diesen Zinsarten ab dem Jahr 2014 verfassungswidrig ist. Für die Verzinsungszeiträume 2019 und später wurde dem Steuergesetzgeber vom Gericht auferlegt, eine verfassungsgemäße Neuregelung zu schaffen. Nach der mittlerweile erfolgten gesetzlichen Anpassung wurde der Zinssatz für Nachzahlungs- und Erstattungszinsen auf 0,15 % pro Monat (1,8 % pro Jahr) abgesenkt. Die praktischen Auswirkungen der Rechtsprechung und der gesetzlichen Neuregelung sehen folgendermaßen aus:
Hinweis: Durch das neue Gesetz wurde nicht der Zinssatz für Stundungs-, Hinterziehungs- und Aussetzungszinsen sowie Säumniszuschläge angepasst. Dieser bleibt also weiterhin bei 6 % pro Jahr. Ob und wann hier eine Anpassung erfolgt, ist derzeit noch offen.
[ nach oben ] Wegzug ins Ausland: Steuerpflicht in Deutschland nach einer AuswanderungKanada gehört zu den beliebtesten Einwanderungsländern. Doch auch wenn man von Deutschland nach Kanada auswandert, hält man unter Umständen noch etwas länger als gedacht eine Verbindung zu Deutschland. Nämlich dann, wenn der deutsche Gesetzgeber auch nach dem Wegzug noch Steuern verlangt, die sogenannte Wegzugsbesteuerung. Diese regelt die Besteuerung von Vermögenswerten aufgrund der Verlagerung des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthaltsorts. Im Streitfall musste das Finanzgericht Berlin-Brandenburg (FG) darüber entscheiden, ob im vorliegenden Fall noch eine steuerliche Verbindung zu Deutschland besteht. Der Kläger war seit 1993 in Deutschland ansässig und hier bis Anfang 2017 unbeschränkt steuerpflichtig, lebte aber seit 2015 auch in Kanada. Mit Ablauf des 26.04.2017 gab er seinen deutschen Wohnsitz endgültig auf. Zu diesem Zeitpunkt war er als Kommanditist mit einem Anteil von 10 % an einer vermögensverwaltend tätigen KG beteiligt. Diese KG wiederum hielt 94,737 % des Stammkapitals einer GmbH, deren Aktivvermögen zu mehr als 90 % aus Grundbesitz bestand. In der Einkommensteuererklärung 2017 gab der Kläger einen fiktiven steuerlichen Veräußerungsgewinn von 2.700.304 EUR an. Das Finanzamt veranlagte erklärungsgemäß und setzte Einkommensteuer fest. Der Kläger legte dagegen Einspruch ein. Die Anwendung der Wegzugsbesteuerung sei unverhältnismäßig und führe zu einer Mehrfachbesteuerung. Die Klage vor dem FG war nicht erfolgreich. Die Voraussetzungen für die Wegzugsbesteuerung hätten im Streitfall vorgelegen. Daher sei die Berücksichtigung des erklärten Betrags durch das Finanzamt zutreffend gewesen. Die Anwendung der Wegzugsbesteuerung sei kein verfassungswidriger Eingriff in die Ausreisefreiheit. Die Wegzugsbesteuerung verstoße auch nicht gegen das Grundgesetz. Eine mögliche Doppelbesteuerung sei unschädlich und auch nicht der Regelfall. Sollte es nach dem Wegzug tatsächlich zu einer Veräußerung der Beteiligung kommen, gäbe es Regelungen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung aufgrund des Doppelbesteuerungsabkommens mit Kanada. Die Revision gegen die Entscheidung wurde zugelassen.
[ nach oben ] |